Mathematik für Biologiestudierende¶

Wintersemester 2023/24

  1. November 2023

© 2023 Prof. Dr. Rüdiger W. Braun

Public Climate School¶

https://fffutu.re/pcsDdorf_Nov2023

Wahrscheinlichkeitsheorie¶

Wahrscheinlichkeit¶

  • Was ist eine Wahrscheinlichkeit?
  • Eine Wahrscheinlichkeit ist eine Modellannahme.
  • Modellannahmen kommen her von
    • beobachteten relativen Häufigkeiten
    • abstrakten Überlegungen (z.B. faire Münze)
    • Konstruktion aus Teilsystemen (z.B. mehrfacher Münzwurf)
  • Überprüfung des Modells am Experiment

Modelle¶

  • Die Wissenschaft arbeitet mit Modellen
  • Das Forschungsobjekt der Naturwissenschaften kann meist nicht vollständig verstanden werden, weil es
    • zu komplex ist (Organismus eines Säugetiers)
    • zu schlecht zu beobachten ist (Atomkern, Galaxie)
    • beides (Zellstoffwechsel)
  • Also macht man sich ein Modell; zu den Modellannahmen gehören oft auch Wahrscheinlichkeiten
  • Die wissenschaftliche Methode besteht darin, dass man Vorhersagen aus dem Modell ableitet und diese im Experiment überprüft (Falsifizierbarkeit)

Elementarereignisse¶

  • Welchen Objekten können Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden?

  • Diese Objekte sind die Elementarereignisse

  • Ein Elementarereignis ist ein Versuchsergebnis, das nicht aus kleineren Einheiten zusammengesetzt ist

  • Beispiel: Beim Experiment ``vierfacher Wurf einer fairen Münze'' gibt es 16 Elementarereignisse ('a': Adler, 'z': Zahl) \begin{array}{cccc} (a,a,a,a) & (a,a,a,z) & (a,a,z,a) & (a,a,z,z) \\ (a,z,a,a) & (a,z,a,z) & (a,z,z,a) & (a,z,z,z) \\ (z,a,a,a) & (z,a,a,z) & (z,a,z,a) & (z,a,z,z) \\ (z,z,a,a) & (z,z,a,z) & (z,z,z,a) & (z,z,z,z) \end{array}

  • Die Aussage "Die Münze ist fair" bedeutet, dass jedes dieser Elementarereignisse die Wahrscheinlichkeit $1/16$ besitzt

Ereignisse¶

  • Elementarereignisse werden zu Ereignissen zusammengefasst
  • Zum Beispiel interessiert \begin{equation*} A = \{ (a,a,z,z), (a,z,a,z), (a,z,z,a), (z,a,a,z), (z,a,z,a), (z,z,a,a) \} \end{equation*}
  • Elementarereignisse werden häufig durch den griechischen Buchstaben $\omega$ bezeichnet Ereignisse durch große lateinische Buchstaben
  • Spezielle Ereignisse:
    • Das sichere Ereignis besteht aus allen möglichen Elementarereignissen für das gegebene Experiment. Es wird mit $\Omega$ bezeichnet. $\Omega$ heißt auch Ereignisraum.
    • Das unmögliche Ereignis ist leer. Es wird mit $\emptyset$ bezeichnet.

Beispiele für Ereignisse¶

  • Zweifacher Wurf eines Würfels: Der Ereignisraum ist \begin{align*} \Omega &= \begin{aligned}[t] \{ &(1,1), (1,2), (1,3), (1,4), (1,5), (1,6), \\ &(2,1), (2,2), (2,3), (2,4), (2,5), (2,6), \\ &(3,1), (3,2), (3,3), (3,4), (3,5), (3,6), \\ &(4,1), (4,2), (4,3), (4,4), (4,5), (4,6), \\ &(5,1), (5,2), (5,3), (5,4), (5,5), (5,6), \\ &(6,1), (6,2), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6) \} \end{aligned} \end{align*}
  • Mit Pasch bezeichnet man das Ereignis \begin{equation*} A = \{(1,1), (2,2), (3,3), (4,4), (5,5), (6,6) \} \end{equation*}
  • Das Ereignis "eine 3 und eine 4" ist \begin{equation*} B = \{(3,4), (4,3) \} \end{equation*}

Konstruktionen¶

Aus einfachen Ereignissen werden komplexere aufgebaut.

  • Durchschnitt
  • Vereinigung
  • Differenz
  • Komplement
  • Produkt

Durchschnitt zweier Ereignisse¶

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Der Durchschnitt $A \cap B$ zweier Ereignisse $A$ und $B$ besteht aus allen Elementarereignissen, die sowohl zu $A$ als auch zu $B$ gehören.

Vereinigung zweier Ereignisse¶

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Die Vereinigung $A \cup B$ zweier Ereignisse $A$ und $B$ besteht aus allen Elementarereignissen, die zu mindestens einem der beiden Ereignisse gehören.

Differenz zweier Ereignisse¶

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Die Differenz $A \setminus B$ zweier Ereignisse $A$ und $B$ besteht aus allen Elementarereignissen, die zu $A$, aber nicht zu $B$ gehören.

Komplement¶

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Das Komplement $A^c$ eines Ereignisses $A$ besteht aus allen Elementarereignissen, die nicht zu $A$ gehören.

Mengensprechweise¶

Die Menge aller Elementarereignisse ist der Ereignisraum. Seine Teilmengen heißen (Zufalls)-Ereignisse. Die Mengenlehre dient uns als Sprechweise, Ereignisse kurz und zweifelsfrei zu beschreiben.

verbal mathematisch
Ereignisse $A$ und $B$ treffen ein $ A \cap B $
Ereignis $A$ oder Ereignis $B$ trifft ein $ A \cup B $
Ereignis $A$ trifft nicht ein $ A^c $
Ereignis $A$ trifft ein, Ereignis $B$ aber nicht $ A \setminus B $
unmögliches Ereignis $ \emptyset $
sicheres Ereignis (= Ereignisraum) $ \Omega $
Elementarereignis $\omega$ gehört zu $A$ $ \omega \in A $
Elementarereignis $\omega$ gehört nicht zu $A$ $ \omega \notin A $
alle Elementarereignisse von $A$ gehören zu $B$ $ A \subseteq B $

Beispiele für Mengensprech¶

$\Omega = \text{"Wurf eines Würfels"} = \{1,2,3,4,5,6\}$, $A = \text{"ungerade Zahl gewürfelt"} = \{1, 3, 5\}$ und $B = \text{"Zahl kleiner $4$ gewürfelt"} = \{1, 2, 3\}$

  • $A \cap B = \{ 1, 3 \}$
  • $A \cup B = \{ 1, 2, 3, 5 \}$
  • $A^c = \{ 2, 4, 6 \}$
  • $A \setminus B = \{ 5 \}$
  • $A \cup B = \Omega \setminus \{ 4, 6 \}$

Produkt¶

  • Gegeben zwei Ereignisräume $\Omega_1$ und $\Omega_2$ und in jedem ein Ereignis \begin{equation*} A \subseteq \Omega_1 \qquad B \subseteq \Omega_2 \end{equation*}
  • Das Produktereignis $A \times B$ besteht aus allen Paaren $(a,b)$ mit $a \in A$ und $b \in B$
  • Mathematisch \begin{equation*} A \times B = \{ (a,b) \mid a \in A,\, b \in B \} \end{equation*}
  • Es ist ein Ereignis im Ereignisraum $\Omega_1 \times \Omega_2$
  • Der Begriff des Produkts erlaubt die Modellierung von Messwiederholungen.

Ein Produkt mit 12 Elementen¶

$\color{blue} A = \{a_1, a_2, a_3\}$

$\color{green} B = \{b_1, b_2, b_3, b_4\} $

\begin{array}{c|cccc} & \color{green} b_1 & \color{green} b_2 & \color{green} b_3 & \color{green} b_4 \\\hline \color{blue} a_1 & (\color{blue} a_1, \color{green} b_1) & (\color{blue} a_1, \color{green} b_2) & (\color{blue} a_1, \color{green} b_3) & (\color{blue} a_1, \color{green} b_4) \\ \color{blue} a_2 & (\color{blue} a_2, \color{green} b_1) & (\color{blue} a_2, \color{green} b_2) & (\color{blue} a_2, \color{green} b_3) & (\color{blue} a_2, \color{green} b_4) \\ \color{blue} a_3 & (\color{blue} a_3, \color{green} b_1) & (\color{blue} a_3, \color{green} b_2) & (\color{blue} a_3, \color{green} b_3) & (\color{blue} a_3, \color{green} b_4) \end{array}

Beispiel für Produktereignis¶

Zweifacher Wurf eines Würfels \begin{align*} \Omega &= \{ 1,2,3,4,5,6\}^2 \\ &= \begin{aligned}[t] \{ &(1,1), (1,2), (1,3), (1,4), (1,5), (1,6), \\ &(2,1), (2,2), (2,3), (2,4), (2,5), (2,6), \\ &(3,1), (3,2), (3,3), (3,4), (3,5), (3,6), \\ &(4,1), (4,2), (4,3), (4,4), (4,5), (4,6), \\ &(5,1), (5,2), (5,3), (5,4), (5,5), (5,6), \\ &(6,1), (6,2), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6) \} \end{aligned} \end{align*}

Wahrscheinlichkeiten¶

Konsistenzregeln¶

Für jedes Ereignis $A$ gebe es eine Zahl $P(A)$ mit

  • (P1) $P(A) \ge0 $ für alle $A$
  • (P2) $P(\Omega) = 1$
  • (P3) $P(A \cup B) = P(A) + P(B)$, falls $ A $ und $ B $ disjunkte Ereignisse sind, also keine gemeinsamen Elementarereignisse enthalten

Dann ist $P$ eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf $\Omega$, und $(\Omega, P)$ ist ein wahrscheinlichkeitstheoretisches Modell des Zufallsexperiments

Rechenregeln¶

  • $P(\emptyset) = 0$
  • $P(A^c) = 1 - P(A)$
  • $P(A \cup B) = P(A) + P(B)$, wenn $A \cap B = \emptyset$
  • $P(A \cup B) = P(A) + P(B) - P(A\cap B)$
  • wenn $A \subseteq B$, dann $P(A) \le P(B)$

Binomialkoeffizienten¶

Fakultät¶

  • In der Lottotrommel sind 49 Kugeln. Alle Kugeln werden gezogen, die Reihenfolge wird notiert. Wie viele Möglichkeiten gibt es?
  • Es gibt 49 Möglichkeiten für die erste Kugel, 48 für die zweite, 47 für die dritte, \dots, 2 für die 48-te (also die vorletzte), und 1 für die letzte
  • Anzahl der Möglichkeiten: $$ 49 \cdot 48 \cdot 47 \cdots 3 \cdot 2 \cdot 1 $$
  • Diese Zahl schreibt man $49!$
  • Sprich "49 Fakultät"

Fakultät¶

  • Die Zahl $$ n! = n \cdot (n-1) \cdot (n-2) \cdots 3 \cdot 2 \cdot 1 $$ bezeichnet man als \emph{Fakultät} von~$n$
  • Sie gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, $n$ verschiedene Objekte anzuordnen
  • Jede solche Anordnung bezeichnet man als Permutation
  • Beispiele $$ 1! = 1, 2! = 2, 3! = 6, 4! = 24, 5! = 120, 70! = 1.198 \cdot 10^{100} $$
  • Außerdem definiert man $ 0! = 1 $
In [1]:
import scipy
scipy.special.factorial(70)
Out[1]:
1.197857166996989e+100
  • scipy: Bibliothek für wissenschaftliches Rechnen
  • gliedert sich in Teilbibliotheken
    • eine davon ist scipy.special mit speziellen Funktionen
    • eine andere ist scipy.stats mit statistischen Funktionen

Es gibt auch Bibliotheken, die $49!$ genau ausrechnen können

$$ 49! = 608281864034267560872252163321295376887552831379210240000000000 $$

Ziehen ohne Zurücklegen unter Beachtung der Reihenfolge¶

  • Aus der Lottotrommel werden 6 Kugeln gezogen
  • Anzahl der Möglichkeiten unter Beachtung der Reihenfolge \begin{equation*} 49 \cdot 48 \cdot 47 \cdot 46 \cdot 45 \cdot 44 = 10 068 347 520 \end{equation*}
  • Taschenrechner Taste nPr

Ziehen ohne Zurücklegen ohne Beachtung der Reihenfolge¶

  • Aus der Lottotrommel werden 6 Kugeln gezogen
  • Anzahl der Möglichkeiten ohne Beachtung der Reihenfolge $$ \frac{49 \cdot 48 \cdot 47 \cdot 46 \cdot 45 \cdot 44}{6 \cdot 5 \cdot 4 \cdot 3 \cdot 2 \cdot 1} = 13 983 816 $$
  • Diese Zahl ist gleich $$ \frac{49!}{6! \cdot 43!} $$
  • Sie heißt "49 über 6" und man schreibt sie $ \displaystyle \begin{pmatrix} 49 \\ 6 \end{pmatrix} $
  • Taschenrechner: Taste nCr

Ziehen ohne Zurücklegen ohne Beachtung der Reihenfolge¶

  • $n$ bezeichne die Gesamtzahl der Objekte, und $k$ bezeichne die Anzahl der Züge.
  • $$ \begin{pmatrix} n \\k \end{pmatrix} = \frac{n!}{k! \cdot (n-k)!} = \frac{n \cdot (n-1) \cdots (n-k+2) \cdot (n-k+1)} {k \cdot (k-1) \cdots 2 \cdot 1} $$ ist die Anzahl der möglichen Auswahlen von $k$ Objekten aus $n$-Objekten.
  • Die Zahl $ \begin{pmatrix} n \\ k \end{pmatrix} $ heißt Binomialkoeffizient. Man sagt "$n$ über $k$".
In [2]:
scipy.special.binom(49, 6)
Out[2]:
13983816.0

weitere Beispiele für Binomialkoeffizienten¶

  • Wie viele Möglichkeiten gibt es, zwei Ecken eines Quadrats auszuwählen?

    Die Antwort ist $$ \begin{pmatrix} 4 \\ 2 \end{pmatrix} = \frac{4 \cdot 3}{2 \cdot 1} = 6 $$

  • Möglichkeiten, 3 Elemente aus 10 auszuwählen $$ \begin{pmatrix} 10 \\ 3 \end{pmatrix} = \frac{10 \cdot 9 \cdot 8}{3 \cdot 2 \cdot 1} = 120 $$
  • Möglichkeiten, 7 Elemente aus 10 auszuwählen $$ \begin{pmatrix} 10 \\ 7 \end{pmatrix} = \frac{10 \cdot 9 \cdot 8 \cdot 7 \cdot 6 \cdot 5 \cdot 4}{7 \cdot 6 \cdot 5 \cdot 4 \cdot 3 \cdot 2 \cdot 1} = 120 $$
  • Sieben Elemente auswählen heißt drei Elemente nicht auszuwählen
In [3]:
scipy.special.binom(10, 7)
Out[3]:
120.0
In [4]:
scipy.special.binom(100, 33)
Out[4]:
2.9469242702254086e+26

Rechenregeln für Binomialkoeffizienten¶

Für jedes $n$ und jedes $k \le n$ gelten

  • $$ \begin{pmatrix} n \\ 0 \end{pmatrix} = 1 $$
  • $$ \begin{pmatrix} n \\ 1 \end{pmatrix} = n $$
  • $$ \begin{pmatrix} n \\ k \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} n \\ n-k \end{pmatrix} $$

Diskrete Zufallsvariable¶

Zufallsvariable¶

  • Zufallsexperiment wird durchgeführt, dessen Ergebnis ein Wert ist
  • Das ist der Wert der Zufallsvariablen
  • Zufallsvariablen heißen meist $X$, $Y$
  • Mathematisch ausgedrückt: Eine Zufallsvariable ordnet jedem Elementarereignis $\omega$ eine Zahl $X(\omega)$ zu
  • Beispiel 10-facher Wurf eines fairen Würfels: Die Anzahl der Sechsen definiert eine Zufallsvariable $X$
  • Zufallsvariable lenken den Blick auf die interessanten Daten, indem sie die Elementarereignisse ausblenden
  • Eine Zufallsvariable heißt diskret, wenn alle ihre Werte ganze Zahlen sind
  • Andernfalls heißt sie kontinuierlich

Interpretation¶

Wahrscheinlichkeitstheorie Experiment
Zufallsvariable $X$ Messvorrichtung
Ereignisraum $\Omega$ Menge aller möglichen Versuchsabläufe
Elementarereignis $\omega$ beobachteter Versuchsablauf
Wert $X(\omega)$ beobachteter Messwert

Beispiele für diskrete Zufallsvariable¶

  • Augensumme beim Wurf zweier fairer Würfel
  • Anzahl der $\alpha$-Teilchen, die in einem bestimmten Zeitraum auf einen Geiger-Müller Zähler treffen
  • Alter eines einzelnen Versuchstiers in Wochen
  • Anzahl der erkrankten Fische in einem Aquarium
  • Anzahl der geheilten Fische bei einem Versuch
  • Es ist durchaus nicht immer sofort klar, wie man die Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses modelliert

Beispiele für kontinuierliche Zufallsvariable¶

  • Gewicht eines Versuchstiers
  • Mittleres Gewicht einer Gruppe von Versuchstieren
  • Mittleres Alter einer Gruppe von Versuchstieren
  • Schadstoffgehalt im Blut eines Versuchstiers

Schreibweisen¶

$X$ eine Zufallsvariable auf $\Omega$. Wir schreiben zur Abkürzung (hierbei sind $a$ und $b$ irgendwelche Zahlen): \begin{align*} \{ X=a \} &= \{ \text{alle Elementarereignisse $ \omega $, für die $ X(\omega) = a $} \} \\ \{X \le a \} &= \{ \text{alle Elementarereignisse $ \omega $, für die $ X(\omega) \le a $} \} \\ \{ a < X \le b \} & = \{ \text{alle Elementarereignisse $ \omega $, für die $ a < X(\omega) \le b $} \} \end{align*}

Beispiel zur Schreibweise¶

  • Dreifacher Wurf einer fairen Münze, also $\Omega = \{ A, Z \}^3$
  • $X$ bezeichne die Anzahl der Würfe mit "Adler". Dann kann $X$ die Zahlen 0,1,2 und 3 annehmen
  • $\{ X = 2 \} = \{ (A,A,Z), (A,Z,A), (Z,A,A) \}$
  • $P(X=2) = \displaystyle\frac38 = 0.375$
  • Statt $P(X=2)$ schreibt man auch $P_X(2)$
  • Dann ist $ P_X $ eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf den ganzen Zahlen mit den folgenden Werten \begin{array}{c|cccc} n & 0 & 1 & 2 & 3 \\\hline \rule{0pt}{2.25ex} P_X(n) & \frac18 & \frac38 & \frac38 & \frac18 \end{array}

Binomialverteilung¶

Erfolgswahrscheinlichkeit¶

  • $n$ unabhängige Wiederholungen eines ja/nein-Experiments
  • das Ergebnis "ja" bezeichnet man als "Erfolg"
  • die Wahrscheinlichkeit von "ja" sei~$p$, genannt Erfolgswahrscheinlichkeit im Einzelfall
  • Erfolg kann dabei alles mögliche sein
    • Münze zeigt Kopf
    • Saatkorn keimt
    • Fisch erkrankt an einem Parasiten

Binomialverteilung¶

  • $B_{n,p}(k)$ ist die Wahrscheinlichkeit von genau $k$ Erfolgen, wenn ein ja/nein-Experiment mit Erfolgswahrscheinlichkeit $p$ genau $n$-mal unabhängig wiederholt wird $$ B_{n,p}(k) = \begin{pmatrix} n \\ k \end{pmatrix} \cdot p^k \cdot (1-p)^{n-k} $$
  • $B_{n,p}$ bezeichnet man als Binomialverteilung

Beispiel: fairer Würfel¶

  • Erfolg: Wurf einer 6
  • Erfolgswahrscheinlichkeit im Einzelfall: $p = \frac16$
  • Misserfolg: Wurf 1,2,3,4,5
  • Misserfolgswahrscheinlichkeit im Einzelfall: $q = 1 - p = \frac56$
  • Gesucht: Wahrscheinlichkeit von $A$ = {"genau 2 Erfolge bei 5 Würfen"}
  • Antwort $\displaystyle B_{5,\,1/6}(2) = \begin{pmatrix} 5 \\ 2 \end{pmatrix} \left( \frac16 \right)^2 \left( 1 - \frac16 \right)^3 = 10 \cdot \frac1{36} \cdot \frac{125}{216} = 0.1608 $
  • Wie kommt das zustande?

Binomialverteilung: Beispiel¶

$e$: Erfolg, $m$: Misserfolg, $q = 1 - p$

\begin{array}{ccc} P(eemmm) & = \color{blue} p \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q & = \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(ememm) & = \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q & = \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(emmem) &= \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(emmme) &= \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(meemm) &= \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(memem) &= \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(memme) &= \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(mmeem) &= \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(mmeme) &= \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \\ P(mmmee) &= \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{green} q \cdot \color{blue} p \cdot \color{blue} p &= \color{blue} p^2 \cdot \color{green} q^3 \end{array}

$P(A)$ ist dann die Summe, $P(A) = 10 \cdot p^2 \cdot q^3$.

In [5]:
from scipy import stats
P = stats.binom(5, 1/6)
In [6]:
P.pmf(2)
Out[6]:
0.16075102880658423

pmf probability mass distribution

Meeresschildkröten¶

  • In einigen Gewässern Australiens finden sich in den Gelegen der Meeresschildkröten nur noch 1% männliche Eier.
  • Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist in einem Gelege mit 50 Eiern genau ein männliches?
In [7]:
P = stats.binom(50, 0.01)
In [8]:
P.pmf(1)
Out[8]:
0.3055586197664328
In [9]:
P.pmf(2)
Out[9]:
0.07561804226543027

anderer Blick auf dieselbe Frage¶

  • von 100 Eiern sind 99 weiblich
  • mit welcher Wahrschinlichkeitn sind in einem Gelege mit 50 Eiern genau 49 weibliche?
In [10]:
P = stats.binom(50, 0.99)
P.pmf(49)
Out[10]:
0.30555861976643284